Reformationstag oder Halloween ?
Wie schön … noch ein verlängertes Wochenende: Halloween macht’s möglich. Oder?
Auf die Frage, warum freier Tag am 31. Oktober kommt tatsächlich zunehmend diese Antwort: Halloween!
Das hätten sich die nicht träumen lassen, die nach der Wende den Reformationstag als Feiertag (wieder) eingeführt haben. Doch dann wurde plötzlich in den 90er Jahren das amerikanische Halloween bei uns propagiert und fing seinen Siegeszug an. Okay, Gruselmasken lassen sich gut verkaufen. Zu einer Halloweenparty lässt sich auch besser einladen als zum Reformationsgedenken. Aber sind wir Deutschen da nicht ziemlich vergesslich was unsere eigenen Traditionen angeht, und umgekehrt, sehr schnell bereit, zu übernehmen, was gerade „in“ ist?
Der Reformationstag erinnert an sehr wesentliches: an die Erneuerung der Kirche durch die 95 Thesen Martin Luthers. Das war der Anfang. Im Laufe der Bewegung wurde das herausgearbeitet, was für Christsein und Kirche maßgeblich bleiben sollte:
allein aus Gnade – allein der Glaube – allein Christus – allein die Schrift.
Die Reformation hat neu erkannt, dass jeder Mensch selbst vor Gott sein Christsein, seinen Glauben zu verantworten hat.
Und sie hat die befreiende Botschaft gebracht, dass wir uns nicht durch irgendwelche Werke oder Wallfahrten das Himmelreich verdienen können. Jesus Christus hat alles am Kreuz für uns getan. Wir brauchen es nur noch im Glauben anzunehmen.
Die Reformation war aber nicht nur innerkirchlich wichtig. Sie hat ganz viel für die Gesellschaft gebracht. Die einheitliche deutsche Schriftsprache wurde durch Martin Luthers Bibelübersetzung geschaffen. Es war eine Zeit, in der lebhaft diskutiert, geschrieben, sich kritisch auseinandergesetzt wurde; nicht nur von Philosophen und Theologen, sondern auch von einfachen Menschen. Es gab ungeheure Aufbrüche in der Kunst – sowohl Malerei, als auch Musik.
Es könnte hier noch viel aufgezählt werden. Deshalb ist zu Recht der Reformationstag ein Feiertag (zumindest in den neuen Bundesländern). Ich lasse ihn mir nicht von „Halloween“ wegnehmen.
Naja, „Reformationsmasken“ gibt es keine zu kaufen, aber fragen Sie doch mal Ihren Bäcker nach Reformationsbrötchen. Ich finde, die schmecken lecker.
Pfr. Martin Seltmann, Ev.-Luth. Kirchgemeinde Königswalde