Das egozentrische Weltbild
Jeder Schüler lernt seit Jahrhunderten, dass sich nicht die Sonne um die Erde dreht, sondern genau umgekehrt. Das ist wahr, obwohl es gar nicht so aussieht. Als Kind denkt man selbstverständlich, dass die Sonne auf- und wieder untergeht und sich somit um uns dreht. Genauso erscheint am Anfang das ganze Leben. Eltern, Großeltern und Hebammen drehen sich nur um das Kind. Kein Wunder, dass sich der Eindruck aufdrängt, dass man der Mittelpunkt der Welt wäre. Nun gehört es aber zum Erwachsenwerden, dass man sich irgendwann von genau dieser Vorstellung trennt. Die Welt dreht sich nicht wirklich um mich. Und die Sonne dreht sich nicht um die Erde. Es erscheint mir vielleicht so, aber es bleibt ein Irrtum. Ich täusche mich, wenn ich denke und lebe, als wäre die ganze Welt nur auf mich zugeschnitten.
Was uns in der Astronomie nun mittlerweile sonnenklar ist, macht uns im persönlichen Leben dann aber doch schwer zu schaffen. Wer dreht sich denn um mich? Für wen stehe ich im Mittelpunkt? Für die Familie, Nachbarn, Politiker, Gesellschaft … oder vielleicht sogar für Gott? Ist es vielleicht so, dass sich Gott um mich dreht, wie sich die Sonne nach früherer Vorstellung um die Erde bewegte? Ergibt das überhaupt Sinn, dass Gott um mich kreist und unentwegt seine Standpunkte ändert, um mich bei Laune zu halten? Wie verlässlich wäre ein Gott, der so etwas tut?
„Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel von Licht und Finsternis.“ bezeugt die Bibel in Jakobus 1,17. Gott ist nicht launisch und er macht im Affekt auch nicht einfach das Licht aus. Er ist konstant er selbst. Er steht wo er steht und auf ihn ist Verlass. Wie die Sonne. Ich kann mich von ihm abwenden, so dass mein Gesicht im Schatten ist. Ich kann mich permanent um mich selbst drehen und mich über den andauernden Wechsel von Tag und Nacht in meinem Inneren wundern. Ich kann mich hinter Mauern bewegen, die mir das Licht nehmen. Aber ich kann nichts daran ändern, dass er leuchtet und mein Leben durch seine Nähe erwärmen will. Es ist gut, mich um ihn zu drehen.
Pastor Robert Schneider
(Adventgemeinde, Annaberg-Buchholz)