Ich höre die Engel singen
Ich höre die Engel singen
Ich höre die Engel singen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens. (Lk 2,14) Nach anderer Übersetzung: Ehre sei Gott im Himmel! Denn er bringt der Welt Frieden und wendet sich den Menschen in Liebe zu.
Gott schenkt Frieden und liebevolle Zuneigung. Damals wie heute. Zu Weihnachten und das ganze Jahr über. Für mich. Für dich. Für alle Menschen, die ganze Welt. Gott schenkt Frieden! Christus ist unser Friede, heißt es im Epheserbrief.
Wie könnte ich dann friedlos bleiben? Wie könnte ich dann gefühllos und kalt mit Menschen umgehen? Wie könnte ich mich über irgend jemanden verächtlich äußern? Wie könnte ich den Vorurteilen Recht verschaffen? Wie könnte ich mit Halbwahrheiten und Lügen Unfrieden und Hass säen? Wie könnte ich Gewalt gutheißen? Wie könnten meine Gedanken bösartig sein? Und mein Herz verstockt? Wie könnte ich!
Es ist schon so: Friedlosigkeit und Verwirrung haben ihre tiefsten Wurzeln in uns selber. Da ist eine Wechselwirkung zwischen den treibenden Kräften in dieser Welt und dem Umgetriebensein in unserem Innern. Zwischen der Ruhelosigkeit um uns und der Unruhe in unserem Herzen. Zwischen der Furcht, die wir in uns tragen, und der Furcht, die wir um uns verbreiten.
Eine persönliche Erfahrung: Mich hat seit Monaten eine schwere Krankheit getroffen. Ich habe sie mir nicht gewünscht. Dennoch hat diese Situation für mich auch positive Seiten. So ist manche für mich früher unverrückbar scheinende Überzeugung nicht mehr erkämpfenswert. Ich vergeude keine unnütze Kraft. Ich erlebe mich ruhiger, sanfter, gelassen. Ich höre zu. Schaue die Menschen mit wohlwollendem Blick an. Ich habe Frieden. Solches an mir erleben zu dürfen, bewerte ich klar als Gottesgeschenk. Es tut mir selber gut.
Der Christusfriede ist nicht nur Vermeiden innerweltlicher Kriege. Er meint ein Heilsein des ganzen Menschen in allen seinen Bezügen. Er meint, dass ein Mensch ganz einverstanden mit sich sein kann, weil er sich von Gott geliebt weiß.
Suche zuerst deinen inneren Frieden. Stehe im Frieden mit Gott. Fange bei dir selbst an. Befriedete Menschen können viel ausrichten. Sie werden dringend gebraucht. Jeder an seinem Ort, in Gesellschaft und Kirche.
Was die prekäre Lage in der Landeskirche um den Rücktritt unseres Bischofs betrifft, plädiere ich für Zurückhaltung und geistliche Unaufgeregtheit. Jesus ringt für seine Leute, dass sie alle eins seien (Joh 17). Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, hier die Aufrechten, dort die meiner Meinung nach Unrechten. Wir müssen die Einheit in der Vielfalt wahren, dafür beten, darum ringen. Diejenigen mit anderer Position ernst nehmen. Sie als Menschen und Christen annehmen. Einander zuhören. Aufeinander zu- statt gegeneinander losgehen. Vergebungsbereit sein. Streiten ja, aber fair. Billiger ist Kirche nicht zu haben. Schaut euch die 12 Typen von damals an, welch eine bunte Rasselbande.
Wie gehen wir also als Verschiedene (in der Art zu glauben, mit unterschiedlichen Überzeugungen) miteinander um? Wie halten wir einander aus? Das bedeutet Arbeit, zuerst an mir selbst! Gelingt es uns, besser miteinander umzugehen, als es sonst weithin üblich ist? Als gutes Beispiel für die Welt?
Ich höre die Engel singen. Hörst du sie auch? Sie sind außer Rand und Band. Sie loben den EWIGEN und verkünden SEINEN Frieden. Wir loben IHN, wenn wir den Frieden suchen, ihm nachjagen, ihn erlernen, uns darin bewähren.
Vergesst nicht: Der Frieden ist Gottes Weihnachtsgeschenk. Nun packt es auch aus! Und schaut auf ihn, lernt von ihm: Christus ist unser Friede! Er ist ja schon unterwegs mit uns, wenn wir uns aufmachen in der Gemeinschaft der Friedfertigen, von denen er sagt, sie werden Gottes Kinder heißen.
Der Frieden ist Gottes Gabe und zugleich unsere Auf-Gabe.
In diesem Sinne: Eine gesegnete, friedvolle Advents- und Weihnachtszeit. Schalom!
Pfarrer Matthias Lorenz, Hormersdorf